
Beihilfe zum Suizid: Selbstbestimmtes Sterben in Österreich
Seit Beginn des Jahres 2022 ist in Österreich die Beihilfe zum Suizid unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Anlass war ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2020, wonach das Verbot der Beihilfe zur Selbsttötung in Widerspruch zum Recht des Einzelnen auf freie Selbstbestimmung und auf ein menschenwürdiges Sterben steht.
Warum wir das Thema hier noch einmal im Detail behandeln? Aufgrund des Engagements der kürzlich verstorbenen, österreichischen Autorin Lotte Ingrisch. Sie hat sich jahrzehntelang für das Recht auf ein selbstbestimmtes und würdevolles Sterben eingesetzt. Eine Auswahl ihrer Werke, die sich ebenfalls vorwiegend mit dem Tod beschäftigen, kann derzeit auch bei uns in der Apotheke gekauft werden.
was bedeutet beihilfe zum suizid?
Volljährige Personen, die dauerhaft schwerk krank oder unheilbar krank sind, können in Österreich seit Jahresbeginn eine Sterbeverfügung erstellen und damit ein letales (=tödlich wirkendes) Medikament in der Apotheke beziehen.
Dieses muss von der Person, deren Entscheidungsfähigkeit zuvor überprüft wird, selbstständig eingenommen werden. Das ist notwendig, um die Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe sicherzustellen, denn diese ist in Österreich auch weiterhin verboten.
Ärztliche Bestätigung und Wartefrist
Für die Sterbeverfügung benötigt es die Aufklärung zweier Ärztinnen und Ärzte, von denen eine*r eine Palliativ-Ausbildung aufweisen muss. Ebenso wird die Entscheidungsfähigkeit ärztlich überprüft. Nach einer Wartefrist von 12 Wochen (in schweren Fällen auch kürzer) kann die Sterbeverfügung ausgestellt werden.
Überprüfung in der Apotheke
Mit der Sterbeverfügung kann in der Apotheke ein letales Medikament bezogen werden. Welches das ist, ist streng geregelt und wird vom*von der Gesundheitsminister*in festgelegt. Sollte die Person nicht mobil sein, kann auch eine in der Sterbeverfügung festgelegte Person das Medikament abholen oder die Apotheke stellt das Medikament zu.
In der Apotheke werden die Sterbeverfügung (anhand des Sterbeverfügungsregisters) und die Identität der Person nochmals überprüft. Erst dann wird das Medikament ausgehändigt.
Wer das Medikament nicht oral einnehmen kann (zum Beispiel bei Schluckstörungen), kann es auch über eine Sonde erhalten. Diese muss aber dennoch selbst ausgelöst werden (wiederum, damit keine aktive Sterbehilfe voliegt).
keine verpflichtung zur Beihilfe
Das Gesetz sieht auch vor, dass weder Ärztinnen und Ärzte noch Apotheker*innen dazu verpflichtet werden können, am Suizid mitzuwirken. Das bedeutet, die ärztliche Bestätigung zu erteilen oder das letale Medikament abzugeben.
Wir in der Marien Apotheke unterstützen das selbstbestimmte und menschenwürdige Sterben, das durch dieses Gesetz ermöglicht wird.
Therapeutische Unterstützung
Professionelle und einfühlsame Begleitung ist in diesem Prozess sehr wertvoll. Es kann daher für Betroffene wie auch Begleiter*innen und Angehörige sinnvoll sein, sich therapeutische Unterstützung zu suchen. Niemand muss da alleine durch!